Zeitzeugen-Projekt: Mai-Blog
In diesem Blog berichtet Bernhard Reimann von seinen Reisen und Gesprächspartner*innen für das Projekt.
Für meinen ersten Zeitzeugen bin ich nach Altötting gefahren. Von mir aus waren das etwa 3,5 Stunden plus 10 min Fußweg in Altötting. Als ich ankam wunderte ich mich schon, dass der Familienname des Zeitzeugen nicht an der Klingel steht. Ein paar Häuser weiter würde ich allerdings den Zeitzeugen, mit dem ich einen Termin hatte, finden. Als ich nun tatsächlich angekommen war lernte ich den passionierten Wasserwachtler Julius Strauß kennen. Ein wahres Altöttinger Urgestein. Von etlichen Schwimmkursen über das Organisieren jeglicher Wasserwacht-Festlichkeiten oder Wachdienste an der Ostsee und einem Jugendlager in Italien. In letzterem lernte er durch eine lange Reihe von Zufällen seine spätere Frau kennen.
Für die nächste Zeitzeugin musste ich gar nicht weit fahren, im Gegenteil: Sie kam zu mir in die Landesgeschäftsstelle. Trotz nassem Wetter von oben und unten kam diese unerschrockene Rotkreuzschwester mit dem Fahrrad. Christine Gratzer war bei mehreren Auslandseinsätzen wie beispielsweise in Pakistan oder Haiti dabei und konnte von anderen Ländern, der schnellen Hilfe dort und vielen anderen interessanten Sachen drumherum erzählen.
Für den Zeitzeugen danach musste ich nach Marktheidenfeld fahren. Bei Armin Hospes bekam ich nicht nur gute Verpflegung, sondern auch einiges über Rotkreuzgeschichte erzählt und eine Ausgabe seines eigenen Buchs „Das Lazarettwesen in Bayern 1914 -1918“ geschenkt. (neben vielen eigenen Anekdoten versteht sich). Das Erlebnis des Tages war allerdings, dass hinter seiner Kellertür wirklich unübertrieben ein Museum versteckt war. Armin Hospes ist leidenschaftlicher Sammler und es ist schwer das zu übersehen. Von bestimmt 30 verschiedenen Sanitätstaschen aus den Weltkriegen über uralte Rotkreuz-Tragen, sonstige Relikte vom Anfang des 20. Jahrhunderts und alte Rotkreuz-Schilder. Wenn man in diesem Keller sucht, findet man.
Die nächste Reise ging nach Erlangen, um Maureen Heinz zu besuchen. Sie war die erste Frau im Rettungsdienst in Erlangen und hat darin ihren Traumjob gefunden. Von auf dem Verlegungshubschrauber mitfliegen über als Einsatzleitung den Überblick behalten bis zu Auslandsrückholungen, nichts ist für diese Frau unmöglich. Leider musste sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Berufung vor einigen Jahren aufgeben.
Am Tag darauf ging es für mich gleich nochmal in die gleiche Richtung, nur noch etwas weiter hoch. Beinahe hätten mir ein verspäteter Zug und ein dadurch verpasster ICE, ewige Wartezeiten im Reisezentrum der Deutschen Bahn und mystische Funktionsweisen des DB Navigators einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mit Mühe und Not konnte ich diese Komplikationen umgehen und mit nur einer Stunde Verspätung bei Stephan Schneider in Haßfurt eintreffen. Von ihm habe ich viel über den Zusammenhalt in der Wasserwacht von klein an bis heute, der Arbeit und den Entwicklungen des Rettungsdiensts, sowie über die Anfänge der Luftwasserrettung erfahren. Das Ganze untermalt von vielen unterhaltsamen Anekdoten und lustigen Begebenheiten.
Der letzte Zeitzeuge im Monat Mai wohnt in Freising. Erwin Prechtl hat gefühlt endlos viel im Roten Kreuz gemacht und erlebt. Es ist gar so viel, dass eine 30-teilige Aktenordnerreihe mit der Aufschrift „Mein Rotkreuz Leben“ daraus entstanden ist. Ob es um den frühen Rettungsdienst in München, Leichentransport, Leitstellenarbeit, zahllose Krankenrückholungen aus Rumänien oder um die Anfänge Luftrettung in Deutschland geht, er könnte zu jeder dieser Punkte stundenlang erzählen.
Das waren die Highlights aus meinem Mai. Ich hoffe der Einblick hat gefallen.